Inhalts­ver­zeichnis

1. Einführung zur NIS2-Richtlinie

Die NIS2-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2022/2555) ist eine zentrale Verordnung der Europäischen Union, die darauf abzielt, ein hohes gemeinsames Cybersicherheitsniveau in der EU zu gewährleisten. Veröffentlicht am 14. Dezember 2022 und in Kraft seit dem 16. Januar 2023, ersetzt sie die NIS1-Richtlinie (2016/1148) und reagiert auf die zunehmende Bedrohung durch Cyberangriffe, die durch die Digitalisierung und Ereignisse wie die COVID-19-Pandemie verstärkt wurden. Die Richtlinie muss bis zum 17. Oktober 2024 in nationales Recht umgesetzt werden (Europäische Kommission).

Ziele der NIS2-Richtlinie

Die Hauptziele der NIS2-Richtlinie sind:

  • Erhöhung des Cybersicherheitsniveaus: Harmonisierung und Verbesserung der Sicherheitsstandards in der EU.
  • Stärkung der Kapazitäten: Verbesserung der Fähigkeiten der Mitgliedstaaten im Umgang mit Cyberbedrohungen.
  • Erweiterung der Anforderungen: Einführung von Risikomanagement- und Meldepflichten für mehr Sektoren.
  • Förderung der Zusammenarbeit: Verbesserung des Informationsaustauschs und der grenzüberschreitenden Kooperation.
  • Nationale Strategien: Entwicklung von Strategien für Lieferketten-Sicherheit, Schwachstellenmanagement und Sensibilisierung.

2. Anwen­dungs­be­reich und betroffene Sektoren

Die NIS2-Richtlinie gilt für 18 kritische Sektoren, die für die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft und Wirtschaft essenziell sind. Diese umfassen:

  • Energie
  • Transport
  • Gesundheitswesen
  • Finanzen
  • Wasserversorgung
  • Digitale Infrastruktur
  • Öffentliche elektronische Kommunikation
  • Soziale Plattformen
  • Abwasser- und Abfallwirtschaft
  • Herstellung kritischer Produkte
  • Post- und Kurierdienste
  • Öffentliche Verwaltung (zentral und regional)
  • Raumfahrt

Betroffene Organisationen

Die Richtlinie unterscheidet zwischen „besonders wichtigen“ und „wichtigen“ Einrichtungen:

  • Besonders wichtige Einrichtungen: Unternehmen mit ≥250 Mitarbeitern oder einem Umsatz von >50 Mio. Euro und einer Bilanzsumme von >43 Mio. Euro.
  • Wichtige Einrichtungen: Unternehmen mit ≥50 Mitarbeitern oder einem Umsatz von >10 Mio. Euro und einer Bilanzsumme von >10 Mio. Euro.

In Deutschland sind schätzungsweise 8.250 besonders wichtige und 21.600 wichtige Einrichtungen betroffen, insgesamt über 30.000 Unternehmen (OpenKRITIS).

3. Kernan­for­de­rungen

Die NIS2-Richtlinie legt strenge Anforderungen an betroffene Organisationen fest, um ein hohes Cybersicherheitsniveau zu gewährleisten. Zu den wichtigsten Anforderungen gehören:

AnforderungBeschreibung
Cybersicherheits-RisikomanagementUmfassende Risikoanalysen und -bewertungen zur Identifizierung und Minimierung von Bedrohungen.
Meldepflichten bei VorfällenSignifikante Cybersicherheitsvorfälle müssen den zuständigen Behörden zeitnah gemeldet werden.
Lieferketten-SicherheitSicherstellung, dass Lieferanten und Dienstleister ebenfalls hohe Sicherheitsstandards einhalten.
Technische MaßnahmenImplementierung von Verschlüsselung, Zugangsbeschränkungen und Incident-Response-Plänen.
GovernancePersönliche Verantwortlichkeit des Managements für die Einhaltung der Richtlinie.
AuditsRegelmäßige Überprüfungen durch nationale Behörden, z. B. alle drei Jahre für KRITIS-Betreiber.

Zusätzlich müssen Mitgliedstaaten nationale Cybersicherheitsstrategien entwickeln, Netzwerke wie CSIRTs (Computer Security Incident Response Teams) etablieren und EU-CyCLONe für die Bewältigung großer Vorfälle einrichten (ENISA).

4. Unterschiede zur NIS1-Richtlinie

Die NIS2-Richtlinie bringt erhebliche Verbesserungen gegenüber der NIS1-Richtlinie:

AspektNIS1NIS2
AnwendungsbereichBegrenzte Sektoren, hauptsächlich kritische Infrastrukturen.Erweitert auf 18 Sektoren, einschließlich Lieferketten und mittelständische Unternehmen.
HaftungWenig direkte Management-Verantwortung.Strenge persönliche Haftung des Managements, bis zu 2 % des weltweiten Umsatzes.
AnforderungenAllgemeine Sicherheitsvorgaben.Detaillierte Regeln für Risikomanagement, Incident-Reporting und Lieferketten-Sicherheit.
SanktionenModerate Bußgelder.Hohe Bußgelder, bis zu 10 Mio. Euro oder 2 % des Umsatzes.

Die NIS2-Richtlinie harmonisiert die Anforderungen und schließt Lücken, die in der NIS1-Richtlinie bestanden (PwC).

5. Umset­zungs­zeitplan

  • EU-Ebene: Die NIS2-Richtlinie ist seit Januar 2023 in Kraft und musste bis Oktober 2024 in nationales Recht umgesetzt werden. 23 Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, haben diese Frist verpasst, weshalb die Europäische Kommission Verfahren eingeleitet hat (Europäische Kommission).
  • Deutschland: Die Umsetzung erfolgt durch das NIS2-Umsetzungsgesetz (NIS2UmsuCG), das voraussichtlich im März 2025 verabschiedet wird. Der Gesetzentwurf wurde im Juli 2024 vom Bundeskabinett beschlossen und befindet sich in der parlamentarischen Beratung (OpenKRITIS).
MeilensteinDatumAkteur
Veröffentlichung NIS227.12.2022EU
Inkrafttreten16.01.2023EU
Frist nationale Umsetzung17.10.2024Mitgliedstaaten
Beschluss NIS2UmsuCGJuli 2024Bundeskabinett
Inkrafttreten (geplant)März 2025Deutschland

6. Strafen und Sanktionen

Die Nichteinhaltung der NIS2-Richtlinie führt zu erheblichen Strafen:

  • Besonders wichtige Einrichtungen: Bußgelder bis zu 10 Mio. Euro oder 2 % des weltweiten Jahresumsatzes.
  • Wichtige Einrichtungen: Bußgelder bis zu 7 Mio. Euro oder 1,4 % des weltweiten Jahresumsatzes.
  • Persönliche Haftung: Das Management kann persönlich haftbar gemacht werden, mit Strafen bis zu 2 % des weltweiten Umsatzes. Es gibt keine Möglichkeit für Vergleiche oder Ausnahmen, außer in Insolvenzfällen.

Diese Strafen unterstreichen die Bedeutung der Einhaltung und die Verantwortung des Managements (PwC).

7. Vorbereitung für Organisationen

Organisationen sollten sich frühzeitig auf die NIS2-Richtlinie vorbereiten, um Strafen und Betriebsstörungen zu vermeiden. Ein Schritt-für-Schritt-Leitfaden umfasst:

SchrittBeschreibung
BetroffenheitsprüfungFeststellen, ob das Unternehmen nach den Kriterien der NIS2-Richtlinie betroffen ist.
RisikoanalyseIdentifizierung von IT- und Sicherheitsrisiken in der Organisation und Infrastruktur.
SchwachstellenanalyseBewertung des Vulnerabilitätspotenzials der Organisation.
Bewertung bestehender MaßnahmenAnalyse vorhandener Cybersicherheitsmaßnahmen und Priorisierung ausstehender Maßnahmen.
Rollen und VerantwortlichkeitenKlare Definition von Verantwortlichkeiten für die Umsetzung, intern und extern.
DokumentationUmfassende Dokumentation aller Maßnahmen für Audits und Nachweise.
Lieferketten-SicherheitSicherstellung, dass Lieferanten und Dienstleister die Anforderungen erfüllen.

Die Vorbereitung erfordert erhebliche Ressourcen, mit geschätzten Kosten in Deutschland von 2,1 Mrd. Euro einmalig und 2,2 Mrd. Euro jährlich (Fraunhofer IESE).

8. Nationale Umsetzungen: Beispiel Deutschland

In Deutschland wird die NIS2-Richtlinie durch das NIS2-Umsetzungsgesetz (NIS2UmsuCG) umgesetzt, das voraussichtlich im März 2025 in Kraft tritt. Wichtige Änderungen umfassen:

  • Erweiterung des Anwendungsbereichs: Neben kritischen Infrastrukturen (KRITIS) werden „besonders wichtige“ und „wichtige“ Einrichtungen einbezogen.
  • Neue Anforderungen: Risikomanagement, Meldepflichten, technische Maßnahmen und Governance.
  • Staatliche Kontrolle: Regelmäßige Audits, Registrierungspflichten und stichprobenartige Überprüfungen durch Behörden wie das BSI.
  • Sektorale Anpassungen: Änderungen an Gesetzen wie dem Telekommunikationsgesetz (TKG) und dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG).
  • Betroffene Unternehmen: Über 30.000 Unternehmen, mit einem Fokus auf große und mittelständische Betriebe.

Die Umsetzung wird durch bestehende Standards wie ISO 27001 und das KRITIS-Dachgesetz unterstützt (OpenKRITIS).

9. Fazit

Die NIS2-Richtlinie ist ein entscheidender Schritt zur Stärkung der Cybersicherheit in der EU. Sie erweitert den Anwendungsbereich, verschärft die Anforderungen und erhöht die Verantwortlichkeit von Organisationen und deren Management. Während die Umsetzung auf EU-Ebene bis Oktober 2024 vorgesehen war, verzögerte sich die nationale Umsetzung in Ländern wie Deutschland auf März 2025. Unternehmen sollten sich frühzeitig vorbereiten, um Strafen zu vermeiden und ihre Resilienz gegenüber Cyberbedrohungen zu stärken.

10. Ressourcen und weitere Informationen

  • Offizielle Dokumente:
    • NIS2-Richtlinie (EU) 2022/2555
  • Leitfäden und Analysen:
    • PwC: Betroffenheitsanalyse
    • Fraunhofer IESE: NIS2-Webinar
    • PwC: Cyber-BekenntNIS-2 Whitepaper
  • Nationale Behörden:
    • BSI: NIS2 für regulierte Unternehmen
    • BSI: NIS2-FAQ
    • BSI: Betroffenheitsprüfung

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